Mit der Ankündigung, in Zukunft auf 3rd Party Cookies zu verzichten, hat Google einen Paukenschlag in der Digital- und Werbebranche gesetzt. Was das für Publisher:innen und Werbetreibende bedeutet, erfahren Sie hier.
Wer kennt es nicht: Man macht einen schnellen Online-Shopping-Trip auf Zalando, holt sich noch ein Paar neue Sportschuhe im Online-Shop eines Sportartikelhändlers und schaut dann auf seiner Lieblingsnachrichtenseite vorbei. Und schon sind dort alle Werbeflächen mit Produkten gefüllt, die man gerade noch im Warenkorb hatte.
Möglich wird das durch 3rd Party Cookies, denen User:innen bereits seit längerer Zeit zustimmen müssen, bevor sie sich durch eine Seite klicken oder in einem Shop stöbern können. Manche User:innen betrachten sie wohl als notwendiges Übel, jedoch sind diese Zustimmungsprozesse ein wichtiges Tool, um seine eigenen Privacy-Einstellungen im Netz zu managen. Für Publisher:innen bieten sie außerdem wichtige Targeting-Möglichkeiten.
Was sind 3rd Party Cookies?
Cookies sind Textdateien, die durch den Browser abgelegt werden und beim erneuten Besuchen der Seite wieder aufgerufen werden können. Dadurch müssen wichtige Informationen, wie zum Beispiel Spracheinstellungen, nicht immer neu eingestellt werden – der Browser merkt sich, welche Sprache beim letzten Mal verwendet wurde.
Allerdings hat jedes Cookie ein Ablaufdatum. Nach diesem Ablaufdatum werden die Informationen ungültig und User:innen bekommen beim nächsten Besuch auf der Website ein neues Cookie gesetzt. Cookies können immer nur von der Domain verwendet werden, von der sie gesetzt werden, dies bezeichnet man als Cross-Domain-Policy.
Je nachdem, von welcher Domain Cookies gesetzt werden, unterscheidet man zwischen 1st und 3rd Party Cookies:
- 1st Party Cookies: Cookies, die von derselben Domain wie der besuchten Website gesetzt werden.
- 3rd Party Cookies: Cookies, die von anderen Domains gesetzt werden.
Sobald User:innen auf einer Seite auf dem Cookie-Consent-Banner auf „Akzeptieren“ klicken, werden von verschiedenen Tech-Anbietern Textdateien, Cookies, mit IDs erstellt. Diese IDs speichern Informationen zum Userverhalten. Im Fall des Retargetings wird beispielsweise aufgezeichnet, wie lange eine Person auf einer Seite war, für welche Produkte sie sich interessiert oder welche Inhalte sie bevorzugt anklickt. Die Informationen auf den IDs begleiten den/die User:in zur nächsten Seite und werden dort ausgelesen, sofern auf dieser Seite der entsprechende Tech-Anbieter präsent ist.
Nutzen Sie das volle Potenzial ihrer Kanäle?
Wechselt ein:e User:in nun etwa von einer Seite eines Sportartikelgeschäfts zur Seite einer Tageszeitung, wird die ID des Sportartikelgeschäfts mit jener von der Tageszeitung synchronisiert. Der Tech-Anbieter erkennt die User:innen wieder und kann auf den Werbeflächen der Tageszeitung die passende Werbung ausspielen. Dementsprechend werden die Ads angepasst und mit Sujets zu denselben oder ähnlichen Produkten gefüllt, die gerade noch im Fokus standen. So funktioniert das im Fall des Retargetings, dieselbe Technologie kommt aber auch beim Frequency Capping und bei anderen Targeting-Möglichkeiten zum Einsatz.
Das Problem an dieser Technik: Sie funktioniert nicht mit jedem Browser. Mozilla Firefox und Safari etwa blocken 3rd Party Cookies schon länger. Bislang war das für österreichische Publisher:innen und deren Kund:innen kein schwerwiegendes Problem, da die beiden Browser zusammen nur etwa 30 Prozent Marktanteil haben. Klarer Platzhirsch mit knapp 70 Prozent Marktanteil ist Google Chrome, der mit 3rd Party Cookies lange kein Problem hatte. Google hatte zwar bereits 2019 angekündigt, als Teil seiner „Privacy Sandbox““ in Zukunft mehr auf Datenschutz zu achten. Dass davon auch 3rd Party Cookies betroffen sind, wurde aber erst vor kurzem bekannt.
Google verzichtet auf 3rd Party Cookies: Was können Publisher:innen unternehmen?
Mit dieser aktuellen Ankündigung präsentiert Google eine neue Herausforderung für Publisher:innen und deren Kund:innen. Markus Lauscher, Head of Ad Technology & Strategy der COPE Content Performance Group, erklärt das Problem folgendermaßen: „Sollten 3rd Party Cookies nicht mehr möglich sein, ist es nach jetzigem Stand auch nicht mehr möglich, User:innen über mehrere Seiten hinweg zu tracken. Damit würden ganze Geschäftszweige und Funktionalitäten wie das Retargeting wegfallen.“
Was also tun? Lauscher zeigt drei Alternativen auf, die fehlende Cookie-Daten zwar nicht ersetzen, aber ähnliche Effekte erzielen können:
- Persistent ID: Diese hat den Zweck, User:innen ohne Cookies zu identifizieren. Wird kein Login verwendet, dann wird anhand verschiedener Informationen im Browser die ID errechnet. Das heißt, Merkmale, die im Browser gespeichert sind, werden herangezogen und daraus wird auf den/die jeweilige:n User:in geschlossen.
- Login-ID: Um auf einer Website surfen zu können, müssen sich User:innen zunächst registrieren, damit die generierte ID für Marketingzwecke verwendet werden kann. So können User:innen auf mehreren Geräten identifiziert werden. Die Login-ID ist auch eine Persistent ID.
- Kontextuelles Targeting: Dieser Ansatz verzichtet komplett auf Cookies. Stattdessen setzt die Technologie auf Inhalte und den Kontext, in dem bestimmte Keywords vorkommen. Spezielle Tools durchsuchen Inhalte einer Website nach bestimmten Keywords, etwa aus dem Bereich Sport oder KFZ. Kommt ein Keyword aus diesen Bereichen vor, sendet das Tool ein Signal an den Ad Server, der wiederum entsprechende Ads ausspielt. Es müssen aber nicht immer fixe Keywords sein, kontextuelles Targeting funktioniert auch semantisch oder auf Stimmungen abgestimmt – etwa wenn eine bestimmte Ad nur bei positiven Artikeln zum Thema Flugreisen ausgespielt werden soll, nicht aber, wenn in einem Artikel die Klimaproblematik des Fliegens angesprochen wird.
Im Zuge der Auswahl einer Tracking-Alternative kann man auch zwischen deterministischen und probabilistischen IDs unterscheiden. Bei deterministischen IDs handelt es sich um Daten, die User:innen eindeutig identifizieren – Publisher:innen können ganz genau sehen, wer ein:e spezifische:r User:in ist und ihr Angebot genau auf diese Person zuschneiden. Probabilistische IDs hingegen folgen einem allgemeineren Ansatz. Sie erstellen Userprofile, die zwar nicht auf den/die Einzelne:n schließen lassen, aber trotzdem genug brauchbare Daten liefern. Zusätzlich können über die Device ID (IDFA und AAID) des verwendeten Endgeräts User identifiziert werden. Das funktioniert allerdings nur in nativen Apps.
Was tun ohne 3rd Party Cookies? 3 Tipps vom Experten
Die Suche nach der richtigen Alternativlösung für 3rd Party Cookies kann eine Weile dauern, schließlich gibt es zahlreiche Anbieter:innen und Möglichkeiten. Für die Dauer des Suchprozesses (und auch für danach) hat Markus Lauscher drei Tipps parat:
- Keine Einheitslösung: Es gibt kein Kochrezept für die perfekte Lösung. Vielmehr wird es ein Mix aus vielen verschiedenen Lösungsmöglichkeiten sein. Wichtig ist, gemeinsam mit Ihrem Team oder Ihrer Agentur und ihren Technologieanbietern herauszufinden, welche Lösung am meisten Sinn ergibt. Klären Sie, welche Userdaten bereits vorhanden sind und mit welchen Ihr Unternehmen arbeiten möchte oder muss.
- Goodbye, 3rd Party Cookies: Machen Sie sich und Ihrem Team bewusst, dass 3rd Party Cookies über kurz oder lang keine Option mehr sein werden. Das hilft, schneller und effektiver an einer Alternativlösung zu arbeiten.
- Fokus auf 1st-Party-Daten: Egal, für welche Lösung Sie sich entscheiden, erarbeiten Sie parallel eine 1st-Party-Datenstrategie. Überlegen Sie zum Beispiel, wie Sie Klickraten, Newsletter-Daten oder andere selbst generierte Informationen darin verwenden können. So sammeln Sie Ihre eigenen Daten über Ihre User:innen und sind nicht länger von Dritten abhängig.
Haben Sie weitere Fragen zum Thema 3rd Party Cookies?
Bei der Auswahl der passenden Strategie tun sich einige Fragen auf – etwa welcher Allianz man sich bei Login-IDs anschließt, welche ID-Anbieter:innen sich in welchen Regionen durchgesetzt haben und wie man kontextuelles Targeting am besten organisiert.
Lauscher empfiehlt, auf europäischer Ebene zu arbeiten, unabhängig von der gewählten Alternative. Einerseits, um den Technologiestandort Europa zu fördern, die Vorteile eines europäischen Netzwerks zu genießen und das bereits vorhandene Know-how optimal zu nutzen. Andererseits aber auch aus sehr praktischen Gründen: Für europäische Unternehmen gilt die DSGVO. Wer die Vorgaben dieser Regelung von Anfang an berücksichtigt, ist rechtlich auf der sicheren Seite – und riskiert nicht, dass die vermeintlich perfekte Alternative zu 3rd Party Cookies im letzten Moment von einem datenschutzrechtlichen Problem zunichtegemacht wird.